Freitag , 29 März 2024
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Denkmal, das nie zu sehen war

So sollte das Denkmal einstmals stehend aussehen (Quelle: Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg)

Rätsel um „kopflose Schönheit“ gelöst

Die ungewöhnliche Entdeckung, die Arbeiter auf einem Grundstück in der Altenburger Erich-Mäder-Straße machten, sorgte für viele Schlagzeilen. Ende April waren sie bei Tiefbauarbeiten auf eine tonnenschwere, steinerne Frauenfigur gestoßen, deren Herkunft rätselhaft war (ABG-Info berichtete). Nun konnte das Mysterium um die „kopflose Schönheit“ aufgeklärt werden: Sie gehört zu einem vor genau 100 Jahren fertiggestellten Denkmal für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg.

Die Nachforschungen zur Herkunft der mannshohen Frauenfigur wurden durch weitere Entdeckungen auf der Baustelle beflügelt. Im Fortgang der Arbeiten auf dem Grundstück in der Erich-Mäder-Straße konnten noch vier weitere Figuren und diverse Steinteile geborgen werden. Durch intensive Recherchen der Unteren Denkmalschutzbehörde und mit Unterstützung des Staatsarchivs Altenburg, des Stadtarchivs und des Kreisarchivs wurde das Rätsel überraschend schnell gelöst. Jürgen Fröhlich, Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde: „Bei den fünf Figuren und den zugehörigen Steinteilen handelt es sich um Teile eines verschollenen Denkmals für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg. Die ursprünglichen Pläne, das Denkmal auf dem Platz vorm Theater aufzustellen, wurden nie verwirklicht.“

Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg regierte von 1853 bis zu seinem Tode 1908, eine ungewöhnlich lange Zeit. Wie aus einem

Bei den fünf Figuren und den zugehörigen Steinteilen handelt es sich um Teile eines verschollenen Denkmals für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg. (Foto: der uNi)

Beitrag im Altenburger Hauskalender des Jahres 1934 hervorgeht, gab es in Altenburg schon kurz nach dem Tod des Herzogs Bestrebungen, ihm ein Denkmal zu setzen. Für die Finanzierung wurden Spenden gesammelt, auf diese Weise kamen 42.000 Mark zusammen. Weitere 60.000 Mark steuerten die Residenzstadt und der Staat bei, sodass für das Denkmal die stolze Summe von 102.000 Mark zur Verfügung stand. An einem 1911 ausgerufenen Ideenwettbewerb beteiligten sich fünf namhafte Künstler, ihre Entwürfe und Gipsmodelle wurden 1912 öffentlich ausgestellt. Am Ende entschied man sich für den Entwurf des Karlsruher Professors Hermann Volz.

Das Denkmal sollte wie erwähnt auf dem Theaterplatz stehen. Den Mittelpunkt bildete ein aus italienischem Marmor gefertigtes, 3,20 Meter hohes Standbild des Herzogs in Generalsuniform. Im Halbkreis um das Standbild sollten drei jeweils sechs Meter lange Ruhebänke angeordnet werden. An den drei Bänken wiederum sollten insgesamt sechs überlebensgroße, allegorische männliche und weibliche Figuren liegen, je zwei pro Bank. Die aus Kalkstein gefertigten Figuren symbolisierten Kunst und Wissenschaft, Frieden und Krieg sowie Landwirtschaft und Handwerk. Im Hauskalender wird die Bedeutung der sechs Steingestalten so zusammengefasst: „Friede ernährt, Unfriede verzehrt“.

Bei den fünf Figuren und den zugehörigen Steinteilen handelt es sich um Teile eines verschollenen Denkmals für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg. (Foto: der uNi)

Trotz des Weltkriegs gelang die Fertigstellung des Denkmals im Jahr 1917. Das Standbild und alle Figuren und Einzelblöcke, die zusammen fast 60.000 Kilo gewogen haben sollen, wurden von Karlsruhe nach Altenburg gebracht und im Bauhof des Herzogs eingelagert.

Nach dem Ende des ersten Weltkriegs regierten in Altenburg Sozialdemokraten, die vor dem Theater lieber ein Denkmal für Friedrich Ebert, erster Reichspräsident der Weimarer Republik, gesehen hätten. So verblieben Standbild und Figuren unbeachtet im Bauhof. Erst 1930 wurde erneut Geld für das Gedenken an den Herzog gesammelt, es reichte immerhin, um das Standbild 1932 – ohne die Figuren – im Agnesgarten des Schlosshofes zu platzieren. Dort blieb es wohl bis 1949, wo es danach abblieb, ist bisher unbekannt. Unbekannt ist zudem, wie die fünf nun geborgenen Figuren auf das Gelände an der Erich-Mäder-Straße gelangt sind.

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