Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Neumann, verehrte Gäste,
ich freue mich, dass auch ich Sie heute zur Eröffnung des Denkmaltages sehr herzlich begrüßen darf.
Seit 1993 beteiligt sich unser Landkreis nun schon am europaweit begangenen Denkmaltag. Doch kein bisheriger Denkmaltag war so, wie der diesjährige. Bundesweit wird es ihn nicht in gewohnter Weise geben, sondern nur virtuell. So hat es die Deutsche Stiftung Denkmalschutz entschieden. Dass wir im Altenburger Land einen anderen Weg gehen, finden wahrscheinlich auch nicht alle gut. Wir werden achtsam sein, wir haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen, wir arbeiten nach strengen Hygienekonzepten. Und: Wir haben aktuell ein sehr geringes Infektionsgeschehen; nur noch neun Menschen sind mit dem Coronavirus infiziert.
Lassen Sie uns also am Sonntag einen schönen Denkmaltag begehen. Ich denke, ein bisschen Normalität wird uns allen guttun. Mehr als 30 Denkmale werden im Landkreis zu besichtigen sein, auch unser Landratsamtsgebäude in der Lindenaustraße 9, welches dieses Jahr seinen 125. Geburtstag feiert.
Ich möchte allen sehr herzlich danken, die an der Vorbereitung und Durchführung des Denkmaltages beteiligt waren und beteiligt sind:
Zuallererst sind da natürlich die Denkmaleigentümer, die ihre Einrichtungen öffnen, liebevoll und engagiert alles für die Besucher vorbereitet haben, und die mit der Organisation der Corona-Sicherheitsmaßnahmen dieses Jahr nicht nur eine Mehrarbeit haben, sondern auch noch eine größere Verantwortung.
Danke sagen möchte ich aber auch an meine Mitarbeiterin Beatrice Müller von der Denkmalbehörde des Landkreises und an mein Team im Gesundheitsamt um Professor Stefan Dhein, die gemeinsam die Hygienekonzepte für jedes einzelne Denkmal (!) erarbeitet, abgestimmt und genehmigt haben.
Danke für Ihre Arbeit.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zur Eröffnung des Denkmaltages ehren wir als Landkreis Vereinigungen und Personen, die sich mit überdurchschnittlich hohem ehrenamtlichen Engagement der Sache des Denkmalschutzes verschrieben haben.
Heute werden wir als Dank und Anerkennung für hervorragendes Engagement auf dem Gebiet der Denkmalpflege im Landkreis Altenburger Land
Familie Angelika und Thomas Just für ihre Initiative bei der denkmalgerechten Instandsetzung und Erhaltung des Fachwerkhofes in Nischwitz Nr. 36
und den Förderverein Renaissanceschloss Ponitz e. V.
für die beispielgebende Revitalisierung des Renaissanceschlosses in Ponitz auszeichnen.
Diese Ehrungen sind mit einer finanziellen Anerkennung
von je 1000 Euro verbunden.
Zuerst zum Vierseithof der Familie Just in Nischwitz:
Der geschlossene Fachwerkhof gehört zu den bedeutendsten Zeitzeugen ländlicher Baukultur in unserer Region. Die Fachwerkgebäude des 17. Jahrhunderts mit Erweiterungen und Ergänzungen aus dem 18. Jahrhundert sind – wie auch die abseits stehende Fachwerkremise – heute unverfälscht erhalten.
Bis 1990 stand der Hof unter Verwaltung einer LPG, die nichts investierte und dem Verfall einen Freibrief erteilte, indem sie einen Teil der Gebäude „zur Abnutzung“ zur Verfügung stellte.
Dementsprechend desolat war der Zustand des Hofes, als Thomas Just ihn 1990 übernahm. Undichte Dächer, weder Wasser- noch Stromanschlüsse, verwahrloste und zugemüllte Nebengebäude, immenser Verschleiß von Mauerwerk und Holzbauteilen.
Trotzdem verliebt in das idyllische Anwesen, hielt ihn all das nicht davon ab, sich im Obergeschoss des Wohnhauses ein provisorisches Domizil einzurichten, welches heute im Ergebnis einer umfassenden Lehmbaurestaurierung die Wohnung der Familie ist.
Von hier aus konnte Thomas Just sofort mit allen Maßnahmen beginnen, die langfristig den Erhalt der Gebäude sichern sollten: Räumungsarbeiten zur Schaffung von Baufreiheit, Sicherung und Teileindeckung der Dächer, Wasser- und Stromanschlüsse, Maurer- Lehmbau- und Putzarbeiten an allen Gebäuden gehören seitdem zu ständigen Arbeiten, für die Thomas Just und seine Frau Angelika ihre Freizeit nutzen.
Auch Nachbarn und Freunde helfen.
Der Erhalt des bauzeitlichen Erscheinungsbildes bis ins Detail unter Verwendung authentischer Materialien und Handwerkstechniken liegt Familie Just am Herzen.
Notwendige Ergänzungen wie Replikate der kleinen typischen Fenster, Türen oder Türbeschlägen wurden mit Liebe zum Detail originalgetreu gefertigt.
So begann 2017 die aufwendige Restaurierung der Bohlenstube und die Freilegung der Umgebindekonstruktion des Wohnhauses. Alle Vorarbeiten wie Putzabschlagen und Entfernen dicker Tapeten- und Farbschichten von den Holzwänden wurden selbst geleistet, bevor Zimmerermeister Frank Jung nach einer ersten Aufmessung zwei Monate Arbeitszeit für seine zwei Zimmerleute veranschlagte.
Nachdem alle nicht vorhersehbaren Bauschäden zu Tage getreten waren, stand die Stube jedoch fast eineinhalb Jahre auf 21 Stützen, während der Zimmerermeister selbst in millimetergenauer Handarbeit fehlende Holzbauteile anfertigte und einpasste.
In der Stube ist außerdem die ausgezeichnete Qualität der handwerklichen Arbeiten von Tischlermeister Ralph Ahner aus Heukewalde und Steinmetz- und Steinbildhauermeister Florian Mehlig aus Dennheritz zu sehen.
Es sind Abertausende von Stunden, die Angelika und Thomas Just in Eigenleistung aufgewandt haben, neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Einzelhandel. Dazu kommen die finanziellen Mittel, die für die nötigen Handwerkerarbeiten aufgebracht werden mussten.
Längst sind noch nicht alle notwendigen Arbeiten abgeschlossen. Es folgt der Einbau der bereits maßgefertigten Fenster und der Fußbodenaufbau. Als krönender Abschluss wird die an den Wänden der Stube freigelegte Raumfassung restauriert.
Vielen Dank für Ihre Energie und Ihre Ausdauer, liebe Familie Just, die Sie in den Erhalt dieses tollen Vierseithofes investiert haben und weiter investieren. Sie erhalten damit ein einzigartiges Kulturdenkmal für kommende Generationen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich komme jetzt zum Förderverein Renaissanceschloss
Ponitz e. V..
Der Förderverein Renaissanceschloss Ponitz e. V. ist ein Verein, der durch den außerordentlichen und kontinuierlichen Einsatz seiner Mitglieder das Renaissanceschloss Ponitz zu einem leuchtenden Beispiel für bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement in der Denkmallandschaft unseres Kreises gemacht hat.
Bereits seit 1990 engagierte sich die Gemeinde für den Erhalt des abbruchgefährdeten Gebäudes, bevor sich 1998 aus einer Gruppe von zwölf besorgten, aber kompetenten und höchst engagierten Freunden der Förderverein Renaissanceschloss Ponitz e. V. gründete.
Das einzigartige Herrenhaus ist von 1774. Der stattliche Rechteckbau weist mit seinem Knick in der Hauptfassade, mit den vier dreigeschossigen Volutengiebeln und Zwerchhäusern, mit der würdevollen Freitreppe zum Sitznischenportal viele typischen Elemente der deutschen Renaissancebaukunst auf.
Auch die Innenräume, wie das wieder freigelegte Sterngewölbe im Erdgeschoss oder das zum Antiquariat genutzte Dachgeschoss sowie Foyer, Fest- und Trausaal mit den einzigartigen Holzkassettendecken, erstrahlen heute wieder in altem Glanz.
Das vielseitige Kultur- und Veranstaltungsangebot, das die Vereinsmitglieder nach und nach auf den Weg gebracht haben, ist längst weit über unseren Landkreis hinaus bekannt und erfreut sich einer ständig steigenden Publikumsresonanz.
Kulturelle Höhepunkte der Extraklasse wie der Ponitzer Weihnachtsmarkt, die Ponitzer Schloss- und Kirchennacht oder der Tag des offenen Denkmals, regelmäßige Ausstellungen der verschiedenen Kunstgenres, monatliche Konzerte von Klassik bis Jazz, Lesungen, Auktionen oder Fachtagungen gehören zur breiten Palette von Veranstaltungen, die die mittlerweile 54 Vereinsmitglieder vorbereiten und durchführen.
Es wurden Schülerprojekte auf den Weg gebracht wie die regelmäßigen Lesestunden mit der örtlichen Grundschule oder die Beteiligung an der praxisnah am Denkmal orientierten Projektreihe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz „Denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“.
Seit 2004 ist es möglich, sich im romantischen Ambiente des 400 Jahre alten attraktiven Schlosses standesamtlich trauen zu lassen.
Passendes Interieur und Mobiliar für alle Veranstaltungs- und Ausstellungsräume wurde zusammengetragen.
Vereinsmitglieder forschten zur Geschichte des Schlosses und seines Erbauers, dem Geheimrat und Kanzler Wolfgang Conrad von Thumbshirn. Die Ergebnisse wurden in einer Broschüre veröffentlicht.
Es wurden ein Kinderschlossführer mit Ausmalbildern entworfen und Ansichtskartenserien gedruckt, ein Schlossantiquariat etabliert unter dem Motto „Jedes Buch ein Baustein für das Schloss“.
Aber bis zu dieser stolzen Bilanz, auf die der Verein heute zurückblicken kann, mussten auf einem steilen Weg unzählige Hürden genommen werden, die heute in der mittlerweile 22 Bände umfassenden Vereinschronik dokumentiert sind.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich symbolisch einige wenige, aber wesentliche Meilensteine aus dieser letzten Ära der Schlossgeschichte nennen:
1990 veranlassen die Ponitzer Gemeinderatsmitglieder eine grundhafte statische Sicherung und Instandsetzung von Dachstuhl, Schieferdach, Renaissancegiebeln, Zwerchhäusern, Gewölben.
Die umfängliche Restaurierung des einzigartigen Festsaales im ersten Obergeschoss kann 1998 beginnen. Alle Holzkassetten der in Renaissanceornamentik bemalten Decke werden kartiert, ausgebaut und in der Werkstatt des Restaurators Koch in Suhl fachmännisch gereinigt.
In dieser Zeit wird die bundesweit tätige „Marlis Kressner Siftung“ auf das einzigartige Gebäude und das besondere Engagement seiner Retter aufmerksam gemacht und fördert das Projekt mit Stiftungsgeldern.
Im Jahr 2000 ist die Restaurierung abgeschlossen und der historische Saal wird wieder eingeweiht und erhält den Ehrennamen „Festsaal Marlis Kressner“.
Ein nächstes Projekt ist die Restaurierung des wertvollen Flügels von Soph & Sohn durch die Zwickauer Firma „Piano Ritter“. Das Instrument wird wieder zum Klingen gebracht, was der Würde und dem Ambiente des Festsaales angemessen ist.
Veranstaltungen unterschiedlichster Art erfordern die Nutzbarmachung aller Räumlichkeiten im Haus. Ein zweiter Rettungsweg muss her. Aber die typische Eisentreppe an der Rückfassade des Gebäudes sollte es möglichst nicht sein.
Dann die zündende Idee des Architekten Peter Odrich:
Der Rettungsweg wird im ehemaligen Kamin des Schlosses installiert und damit zu einem kuriosen Alleinstellungsmerkmal des Schlosses.
Foyer und Wendelstein werden nach restauratorischen Befunden gestaltet und saniert.
2007 ist die Restaurierung des zweiten Saales mit einer weiteren Holzkassettendecke in barocker Fassung abgeschlossen. Dieser Saal wird als Trauzimmer genutzt.
2017 wird nach zwölfjährigen Bemühungen von Verein und Gemeinde die vollständige Barrierefreiheit des Kulturdenkmales Renaissanceschloss Ponitz hergestellt.
Für Besucher ist ein gemütliches Lesekaffee eingerichtet und ein Antiquariat im Dachgeschoss, das an Fülle und Auswahl ihresgleichen sucht. Für Behaglichkeit in den dicken Gemäuern sorgt im Erdgeschoss eine auf Erdwärme basierende Heizanlage.
Sehr geehrte Gäste,
unzählige Stunden für all das, was heute im Schloss zu sehen und zu erleben ist, haben die Vereinsmitglieder in der Vergangenheit geleistet und werden es weiterhin tun.
Sei es Ingrid Prehl, die mit Akribie den Bestand von ca. 44.000 Büchern ordnet und pflegt und die Vereinschronik führt.
Oder die Frauen des Vereines, die gemeinsam und mit immer neuen kulinarischen Ideen vor den Veranstaltungen backen braten, kochen und all die Köstlichkeiten an die Gäste bringen.
Ebenso zu würdigen ist die Bereitschaft all jener, die an vielen Wochenenden im Einsatz sind, um bauliche Vor- und Nacharbeiten im Schloss oder Park zu leisten.
Alle Arbeiten wurden fachlich vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege begleitet und zum Teil finanziell gefördert.
Der Verein hat in den 22 Jahren seines Bestehens ca. 220.000 Euro an Spenden eingeworben, die in die Ausstattung und das Baugeschehen des Schlosses geflossen sind. In dieser Zeit konnten sich drei Bürgermeister immer auf die kontinuierliche und überaus kreative und förderliche Zusammenarbeit mit dem Verein verlassen.
Thüringenweit sind der Verein und das Renaissanceschloss längst keine Unbekannten mehr.
Der Denkmalverbund Thüringen ehrte 2016 den Förderverein Renaissanceschloss Ponitz e. V. für seine herausragenden Leistungen mit der Rudolf-Zießler-Ehrennadel, eine Auszeichnung, die seit 2002 nur viermal für hochrangiges Engagement in der Denkmalpflege erfolgte.
Verehrte Anwesende,
jeder Verein kann immer nur so stark sein wie seine Mitglieder.
Aber auch für dieses Miteinander spielt das ganz besondere Engagement einzelner Menschen immer wieder eine entscheidende Rolle. Vorantreiben, Weiterdenken, hartnäckig und überzeugend sein – das zeichnet solche Personen aus.
Es ist mir deshalb ein großes Bedürfnis, an dieser Stelle den Vereinsvorsitzenden Dr. Roland Mehlig zu nennen, der sich seit Vereinsgründung als „gute Seele“ und Motor in die gesamte Vereinsarbeit einbringt.
In der Vereinssatzung des Fördervereines Ponitz e. V. ist ein Vereinszweck festgelegt. Er lautet, ich zitiere:
„Die Gemeinde Ponitz bei ihren Bemühungen zu unterstützen, das Renaissanceschloss zu erhalten und es in einer der historischen Wertigkeit geeigneten Weise für die Öffentlichkeit zu nutzen.“
In diesem einen bescheidenen Satz versteckt sich eine gewaltige Vision, die der Verein seit seinem Bestehen hartnäckig und mit großem Erfolg nachgeht und die ihn heute zu einem der aktivsten Vorreiter in Sachen Denkmalrettung, Denkmalpflege und Denkmalwiederbelebung in der Region gemacht hat.
Dieser hervorragenden Leistung gilt unser Respekt und unser Dank.
Liebe Gäste,
am Sonntag sind Sie recht herzlich in den Vierseithof der Familie Just nach Nischwitz und das Renaissanceschloss Ponitz eingeladen. Überzeugen Sie sich vor Ort von diesen besonderen denkmalpflegerischen Leistungen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte nun Angelika und Thomas Just sowie Roland Mehlig und
Manuela Wange nach vorn.